Verwechslungsgefahr – mobell.de

§ 14 Abs. 5, 6, § 19 MarkenG

OLG Düsseldorf v. 23.09.2003 – I-20 U 158/02

Das OLG Düsseldorf bejahte entgegen der Auffassung der Vorinstanz die Verwechslungsgefahr zwischen dem Domainnamen mobell.de des Beklagten und der Marke und Firmenbezeichnung „Mobelli“ der Klägerin. Es untersagte der Beklagten bezüglich der Waren der Klägerin die Nutzung des Domainnamens im geschäftlichen Verkehr und verurteilte die Beklagte zur Löschung/Freigabe der Domain.

Die Marke der Klägerin habe als Kunstwort von Haus aus normale Kennzeichnungskraft. Dem stehe nicht entgegen, dass „Mobelli“ an „Möbel“ erinnere, da nicht jeder beschreibende Anklang einem unmittelbar beschreibenden Inhalt gleichgesetzt werden dürfe.

Aufgrund der Identität der unter den Bezeichnungen vertriebenen Waren der beiden Parteien müsse bei geringem Abstand zwischen den gegenüberstehenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr angenommen werden, was im konkreten Fall sowohl bezüglich des Schriftbilds als auch des Klangs bejaht wurde.

Besonders interessant sind die Ausführungen des Gerichts zu den Besonderheiten bei einer Zeichenbenutzung im Internet:

Allerdings geht es vorliegend um die Benutzung eines Zeichens im Internet. Hier ist in der Rechtsprechung vereinzelt erwogen worden, andere Maßstäbe bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit anzulegen, und bereits geringfügige Abweichungen ausreichen zu lassen, weil jede Domain ganz genau eingegeben werden muss, um auf die richtige Seite zu gelangen. Das ist jedoch abzulehnen, weil man sonst zu Wertungswidersprüchen außerhalb und innerhalb des Internets kommen würde […]. Außerdem werden Domains ungeachtet der Eingabe durch die Tastatur auch in herkömmlicher Weise optisch und akustisch wahrgenommen, zum Beispiel bei Werbung in Zeitschriften und im Rundfunk […]. Derartige Wahrnehmungen können bereits die Eingabe beeinflussen, so dass wie sonst bei der Verwechslungsgefahr von ihnen auszugehen ist.

Immer wieder wird von Beklagten zur Verwechslungsgefahr von Domainnamen das Argument vorgetragen, dass der Domainname zeichengenau eingegeben werden müsse, und deshalb eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei. Allerdings überzeugt m.E. die Auffassung des OLG Düsseldorf im konkreten Fall überaus. Schon auf Grund der zunehmenden Nennung von Domainnamen in Werbeträgern ist eine unterschiedliche Beurteilung von der Verwendung innerhalb und außerhalb des Internets nur noch schwer zu rechtfertigen.

Zu gleichem Ergebnis kamen auch schon zahlreiche andere Gerichte, vergleiche nur

LG Hamburg v. 30.09.1998 – 315 O 278/98 – xtra-net.de

Denn Internetadressen werden auch über die elektronischen Medien, wie Fernsehen und Hörfunk, verbreitet, bei denen die flüchtige Wahrnehmung und eine kurze Unaufmerksamkeit dazu führen, daß der Verbraucher statt „Xtranet“ den Domainnamen „xtra-Net“ eingibt, sich in der Domain der Klägerin wähnt, während er in Wahrheit bei der Beklagten gelandet ist. Merkt er sich nur das Klangbild („ixtranet“) und wird später auf den Domainnamen der Beklagten „xtra-net“ aufmerksam, wird er ihn. zumal angesichts der Firmierung „Xtranet“ der Klägerin für deren Domainadresse halten. Insoweit teilt die Kammer nicht die Auffassung, nach § 14 Abs. 2 Ziff. 2 MarkenG seien im Hinblick auf Domainadressen nur punktgenaue Identverletzungen geschützt. Denn es bestehen, wie bereits dargelegt, auch darüberhinaus Verwechslungsgefahren.

und OGH v. 03.04.2001 – 4Ob73/01s – prosolution.at

Zur Vermeidung einer unerträglichen Diskrepanz zwischen dem virtuellen und dem nicht-virtuellen Geschäftsverkehr sind die im allgemeinen Kennzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur Verwechslungsgefahr auch bei der Beurteilung von Kollisionsfällen unter Beteiligung einer Domain oder zwischen Domains heranzuziehen.

Link zum Urteil [PDF]

Vorinstanz:

LG Düsseldorf v. 02.08.2002 – 38 O 57/02 [PDF]

Entscheidungskommentare:

Domain Recht

3 Kommentare
  1. CK
    CK sagte:

    Hat das Gericht allein auf das Markenrecht abgestellt? Danke fuer die nuetzliche und anregende Darstellung! Den Gedanken der Verwechslungsgefahr durch das Waehnen des Besuchers, sich auf einer anderen Site zu befinden wie im Falle xtranet / xtra-net, kann ich nachvollziehen, markenrechtlich, aber wohl auch nach UWG, oder laege man da falsch? In den USA koennte der xtranet Fall mit dem Waehnen des Kunden auch nach Passing-Off-Tortregeln verfolgt werden, doch der primaere Ansatz waere die gleichartige, verwechselbare Gestaltung der Webseite, und nicht unbedingt die Marke.

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  2. Peter
    Peter sagte:

    Das Gericht hat tatsächlich allein auf Markenrecht abgestellt. Dies mag darin begründet sein, dass, wie im Urteil angeführt, der Klägerantrag mit diesen Normen begründet war. Nach deutscher Rechtsprechung ist bezüglich der Freigabe der Domain eine Vorgehensweise nach Markenrecht, verglichen mit der nach UWG, in der Regel auch aussichtsreicher. Nach UWG wird häufig nur die Nutzung untersagt, nach Markenrecht jedoch regelmäßig auf Freigabe der Domain entschieden.

    Bezüglich der xtranet-Entscheidung: Ich denke, das Gericht bietet mit der Formulierung im Urteil nur einen Beispielsfall, in welchem es gerade zu einer Verwechslung der beiden gegenüberstehenden Zeichen kommt, um die markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu untermauern.

    Eine solcher Sachverhalt ließe sich sicherlich auch unter Normen des UWG subsumieren, möglicherweise unter § 3 UWG (Täuschung über geschäftliche Verhältnisse), allerdings bin ich im UWG nicht so "zu Hause".

    Wenn ich die "Passing-Off-Tort"-Regeln richtig verstanden habe, entspricht das ungefähr Regelungen unseres UWG, oder liege ich da falsch?

    Eine ganz schöne Definition von "Passing-Off-Tort" habe ich in einem Urteil des Supreme Court unter http://www.supremecourtonli… gefunden:

    "Passing off tort has five elements i.e.

    (1) a misrepresentation

    (2) made by a trader in the course of trade,

    (3) to prospective customers or ultimate consumers of the goods or services,

    (4) calculated to injure the business or goodwill of another trade and

    (5) causes actual damage to business or goodwill of the trade."

    Antworten
  3. CK
    CK sagte:

    Der Vergleich zwischen diesem Tort und UWG passt recht gut, jedenfalls in Bezirk auf die Wirkung oderr Rechtsfolge, weil man die Tatbestandsmerkmale oft kaum vergleichen kann.

    Die Torts als deliktische Ansprueche gehoeren uebrigens in der Regel dem einzelstaatlichen Recht an, sind also unterschiedlich ausgepraegt.

    Ein anderer Tort, der auch den Fall erfassen koennte, dass ein Besucher sich auf einer anderen Webseite waehnt, insbesondere wenn ueber diese Vertragsbeziehungen abgewickelt werden, waere der Tort der Tortious Interference in Business Relations / Contractual Relations. Normalerweise geht es dabei um ein unlauteres Einwirken eines Dritter auf Vertrags- oder Geschaeftsbeziehungen anderer, also eine Art Abwerben.

    Mangels eines UWG wuerde ich hier in den USA auch darauf abstellen, wenn ich keinen Marken- oder anderen Ansatz finde und Squatting nicht vorliegt.

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