BGH: Produkthaftung eines Quasi-Herstellers
Der u.a. für die Produkthaftung zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Voraussetzungen zu entscheiden, nach denen ein Unternehmen nach dem Produkthaftungsgesetz haftet.
Die klagende Krankenkasse verlangt Aufwendungsersatz für die Behandlung eines ihrer Mitglieder. Der Geschädigte wollte einen Holzkohlegrill mit einem flüssigen Grillanzünder anzünden. Auf der Flasche war angegeben: „Auch zum Nachsprühen geeignet und ungefährlich“. Gleichwohl explodierte die Grillanzünderflasche in seiner Hand. Der Geschädigte wurde dabei verletzt. Der im Jahre 1996 in einem Großmarkt gekaufte Grillanzünder wurde unter gleichbleibender Bezeichnung bis 1993 von einem anderen Unternehmen und erst danach von der Beklagten vertrieben.
Gemäß § 4 Absatz 1 Satz 1 des Produkthaftungsgesetzes haftet der Hersteller für Fehler des von ihm hergestellten Produktes. Darüber hinaus haftet ebenso gemäß Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift als „Quasi-Hersteller“ jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt. Weiterhin haftet gemäß § 4 Absatz 3 des Produkthaftungsgesetzes jeder Lieferant des Produktes, wenn der Hersteller nicht festgestellt werden kann und er dem Geschädigten nach Aufforderung nicht binnen eines Monats seinen Vorlieferanten oder den Hersteller benennt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und eine Haftung der Beklagten als Hersteller, als Quasi-Hersteller wie auch als (Zwischen)Lieferant verneint.
Die dagegen gerichtete Revision hatte Erfolg. Für die Haftung als (tatsächlicher) Hersteller kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Hersteller bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produktes feststellbar war; dieser Gesichtspunkt ist allein für die Lieferantenhaftung von Bedeutung. Hinsichtlich der Haftung als (tatsächlicher) Hersteller waren aber noch weitere Umstände klärungsbedürftig.
Hinsichtlich der Haftung als Quasi-Hersteller reicht es aus, wenn sich die Beklagte als Hersteller ausgab. Dies kann hier u.a. durch die Übernahme von alten Grillanzünderbeständen und die Fortführung des Produktnamens geschehen sein. Hierfür obliegt die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin; denn sie muß die Eigenschaft der Beklagten als Quasi-Hersteller beweisen. Erst wenn die Beklagte geltend macht, das Produkt sei nicht mit ihrem Willen in den Verkehr gelangt, obliegt dieser Beweis der Beklagten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte die Klägerin hinreichend vorgetragen, so daß noch Beweis erhoben werden muß. Auch aus diesem Grunde hat der VI. Zivilsenat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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