Verfassungsgerichtshof Sachsen bestätigt Rechtsprechung des BGH zur Pfändung von .de-Domainnamen
Auf eine Verfassungsbeschwerde hin hat der Verfassungsgerichtshof Sachsen die bisherige Rechtsprechung des BGH bestätigt, dass die Vergabestelle für .de-Domainnamen DENIC eG im Rahmen von Domainpfändungen Drittschuldnerin ist und Gegenstand einer Domainpfändung die Gesamtheit der Ansprüche des Schuldners aus dem Registrierungsvertrag mit der DENIC eG ist. Ferner ist es in diesem Zusammenhang ohne Weiteres zulässig, der DENIC eG die Übertragung und Löschung der im Pfändungsbeschluss genannten Domain ausdrücklich zu untersagen (Beschluss vom 10.09.2020, Az.: Vf. 113-IV-19).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Ein Ort erließ gegen einen Gewerbetrieb aufgrund von Gewerbesteuerschulden eine Pfändungsverfügung, die fünf Domains zum Gegenstand hatte. Der DENIC eG wurde als Drittschuldnerin aufgegeben, bis zur Höhe des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mehr an den Gewerbetrieb zu leisten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der DENIC eG blieb erfolglos. Stattdessen wurde die Pfändungsverfügung dahingehend geändert, dass der DENIC eG die „Übertragung und Löschung“ der gegenständlichen Domains ausdrücklich untersagt wurde.
Eine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage, in der die DENIC eG geltend machte, dass sie nicht Drittschuldnerin sei und das Leistungsverbot Handlungen in Bezug auf die Domain beträfe, obwohl nicht diese, sondern die domainvertraglichen Ansprüche der Schuldnerin Pfändungsgegenstand wären, blieb ohne Erfolg. Auch in einer gegen das abweisende Urteil gerichteten Berufung unterlag die DENIC eG.
Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos. Die DENIC eG machte hierbei einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich verankerte Willkürverbot geltend. Den Verstoß begründete die DENIC eG damit, dass die Anwendung und Auslegung der zwangsvollstreckungsrechtlichen Normen durch das Gericht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar seien. Insbesondere beruhe das auferlegte Leistungsverbot, die Domains nicht übertragen und löschen zu dürfen, auf einem rechtlichen Fehlverständnis, da sich ein Leistungsverbot nur auf Leistungen beziehen könne, mit denen die gepfändete Forderung durch Erfüllung zum Erlöschen gebracht und damit die Pfändung gegenstandslos gemacht werden könne. Andere Leistungen oder Handlungen könnten nicht vom Drittschuldner verlangt bzw. diesem auferlegt werden. Weiter vertrat die DENIC eG die Auffassung, dass eine Verwertung der gepfändeten Ansprüche nicht durch eine Löschung der Domain erschwert oder unmöglich gemacht würden. Zudem sei es rechtlich nicht vertretbar, dass die DENIC eG auch gegebenenfalls nach Kündigung des Domainvertrags durch den Schuldner aufgrund des Löschungsverbots dazu verpflichtet wäre, die Einträge in ihrer Registrierungsdatenbank aufrechterhalten.
Der VerfGH erteilt der Ansicht der DENIC eine Absage.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs Sachsen liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, da die Entscheidung des Gerichts im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH steht, wonach
„die Gesamtheit der zwischen dem jeweiligen Domaininhaber und der Beschwerdeführerin bestehenden schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Domainvertrag (Anspruchsbündel) ein pfändbares Vermögensrecht i.S.d. § 857 Abs. 1 ZPO bzw. § 321 Abs. 1 AO sein kann“
Diese Rechtsprechung würde von der DENIC eG übergangen, wenn sie nicht das gesamte Bündel, sondern einzelne Ansprüche – nämlich die Ansprüche auf Übertragung und Löschung – hiervon herausnehme und auf eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertbarkeit hin untersuche.
Ferner bejahte der Verfassungsgerichtshof unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH und des BFH die Drittschuldnereigenschaft der DENIC eG im Rahmen von Domainpfändungen. Dies folge nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs nicht zuletzt daraus, dass das an die DENIC eG gerichtete Leistungsverbot den Zweck verfolgt, den Untergang der gepfändeten Ansprüche – insbesondere durch Übertragung oder Löschung – zu verhindern.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes verstößt das der DENIC eG auferlegte Leistungsverbot unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegen das verfassungsrechtlich verankerte Willkürverbot, zumal auch das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 11.07.2014 (Az.: 2 BvR 2116/11) ein an die DENIC eG
„gerichtetes Verbot, an Verfügungen des Vollstreckungsschuldners über die gepfändeten Ansprüche mitzuwirken (etwa, eine Umregistrierung aufgrund einer Veräußerung der Domain durch den Vollstreckungsschuldner vorzunehmen), gerade ausdrücklich nicht ausgeschlossen“
hat.
Auch nach einem weiteren eindeutigen Urteil zur Pfändung von Domains bleibt abzuwarten, ob und inwiefern sich die DENIC eG künftig mit ihrer Rolle als Drittschuldnerin abfinden und im Rahmen der Domainpfändung erforderliche Mitwirkungshandlungen erbringen wird.
(Ein Beitrag meines Kollegen RA David Horvath)
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