UDRP: Nichtnutzung eines Domainnamens automatisch bösgläubig?

  1. Januar 2012/1 Kommentar/in Domainrecht, UDRP/von Peter Müller

Ein Schiedsgericht beim National Arbitration Forum hatte über die UDRP-Beschwerde des Autovermieters Enterprise Holdings, Inc. gegen den Inhaber des Domainnamens <me-enterprise.com> zu entscheiden und ordnete die Übertragung des Domainnamens an (Enterprise Holdings, Inc. v. ipage.com / iPage Hosting, NAF Claim No. 1421224). Das Schiedsgericht machte es sich bei der Begründung des Übertragungsanspruchs allerdings zu einfach.

Nachdem das Schiedsgericht richtig festgestellt hatte, dass der Domainname den Marken der Beschwerdeführerin täuschend ähnlich ist und der Beschwerdegegner, der keine Beschwerdeerwiderung eingereicht hatte, keine Rechte oder berechtigten Interessen an dem streitgegenständlichen Domainnamen hat, stellte sich lediglich die Frage, ob der Domainname, unter dem lediglich ein „Coming soon…“-Hinweis abrufbar war, auch bösgläubig registriert und genutzt wurde.

Das Schiedsgericht machte es sich an dieser Stelle sehr einfach und stellte fest, dass die Nichtbenutzung des Domainnamens die Feststellung der bösgläubigen Registrierung und Benutzung rechtfertigt:

Complainant asserts that Respondent has failed to make an active use of the disputed domain name, constituting bad faith registration and use. Complainant submits a printout verifying its assertion that the website is essentially inactive. The only content included on the website is the phrase “Coming Soon” and the prominent display of Complainant’s mark. Therefore, the Panel finds that Respondent has failed to make an active use of the disputed domain name, which is a clear example of bad faith registration and use under Policy ¶ 4(a)(iii).

Diese Feststellung ist so nicht haltbar.

Es ist anerkannt, dass für die Übertragung eines Domainnamens in einem UDRP-Verfahren nachgewiesen werden muss, dass der Domainname bösgläubig registriert und benutzt wurde.

Im Hinblick auf die bösgläubige Registrierung ließe es sich vorliegend ohne Weiteres vertreten, dass die Beschwerdeführerin und deren Marken international bekannt sind und eine Kenntnis auf Seiten des Beschwerdegegners aus diesem Grund unterstellt werden kann.

Auch die Nichtbenutzung des Domainnamens als solche hätte einer Übertragung nicht entgegengestanden. Es ist anerkannt, dass auch die Nichtnutzung eines Domainnamens unter bestimmten Voraussetzungen bösgläubig im Sinne der UDRP sein kann (sog. „passive holding“). In der telstra.org-Entscheidung (Telstra Corporation Limited v. Nuclear Marshmallows, WIPO Case No. D2000-0003) wurde bereits sehr früh ein vielfach bestätigter Indizienkatalog ausgearbeitet. Danach ist eine Übertragung eines Domainnamens trotz Nichtbenutzung auch dann gerechtfertigt, wenn

  • sich der Beschwerdeführer auf eine bekannte Marke berufen kann,
  • der Beschwerdegegner keine Beschwerdeerwiderung einreicht,
  • der Beschwerdegegner versucht, seine wahre Identität zu verschleiern und
  • der Beschwerdegegner keinen Nachweis für eine aktuelle oder mögliche gutgläubige Nutzung des Domainnamens vorgelegt hat.

Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zumindest teilweise gegeben, so dass das Schiedsgericht mit anderer Begründung auch eine bösgläubige Benutzung des Domainnamens bejahen und die Übertragung des Domainnamens hätte rechtfertigen können. Die pauschale Aussage „Nichtnutzung = bösgläubige Registrierung und Benutzung“ ist jedoch schlicht falsch.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sunrise .XXX

Am 07.09.2011 begann die Phase zur Registrierung von Domainnamen unter der gerade in der Einführung befindlichen neuen Top-Level-Domain „.xxx“. Die...

mehr lesen
Rechtsanwalt Domainrecht - Peter Müller | München