LG Saarbrücken öffnet die Büchse der Pandora: Domain-Registrar soll für Urheberrechtsverletzung haften (Az. 7 O 82/13)

Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 7 O 82/13, Urteil vom 15.01.2014) soll der Registrar einer Domain für rechtsverletzende Inhalte einer über die Domain abrufbaren Website haften, wenn die Rechtsverletzung offenkundig und ohne weiteres feststellbar ist und der Registrar auf diese hingewiesen wurde.

Sachverhalt

Im August 2013 stellte ein deutscher Tonträgerhersteller fest, dass ein von ihm vertriebenes Album als BitTorrent rechtswidrig zum Download angeboten wurde. Die dazugehörige Tracker-Datei konnte auf der über den Domainnamen „h33t.com“ abrufbaren Website heruntergeladen werden. Eigentümer und Admin-C der Domain war ein Unternehmen auf den Seychellen, Tech-C eines mit Sitz in den Niederlanden. Deshalb wandte sich der Tonträgerhersteller direkt an den Registrar, zu einem Ende der Rechtsverletzung kam es auf diesem Wege jedoch nicht.

Am 30.08.2013 erwirkte der Rechteinhaber deshalb beim LG Saarbrücken den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Registrar wurde verboten, es Dritten zu ermöglichen, das streitgegenständliche Musikalbum „mittels einer BitTorrent-Suchmaschine und/oder eines BitTorrent-Trackers zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen“. Gegen diese Verfügung legte der Registrar mit dem Argument Widerspruch ein, dass die Rechtsverletzung nicht von der Registrierung eines bestimmten Domainnamens abhängig sei, da die Website auch ohne Eingabe der Domain erreichbar sei. Eine Inhaltsprüfung sei dem Registrar ferner nicht zumutbar und praktisch kaum möglich.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht bestätigte die einstweilige Verfügung jedoch. Da der Registrar ihm obliegende Prüfungs- und Sicherungspflichten verletzt habe, hafte er für die Rechtsverletzungen nach den Grundsätzen der Störerhaftung.

Die Verfügungsbeklagte […] hat durch Registrierung der Domain h33t.com in adäquat kausaler Weise dazu beigetragen, dass der Registrant und die Besucher dieser Domain sowie die Nutzer des Trackers mithilfe dieser Domain Urheberrechtsverletzungen begehen können. Auch wenn der Inhalt dieser Domain auch unmittelbar unter Eingabe der lP-Adresse erreichbar gewesen sein sollte, wie die Verfügungsbeklagte vorträgt, hat jedenfalls die Registrierung der Domain durch die Verfügungsbeklagte ebenfalls die Zugänglichmachung von deren Inhalt ermöglicht.

Eine Prüfungspflicht sei entstanden, als der Registrar auf die klare Rechtsverletzungen hingewiesen wurde. Daraufhin hätte er, nach Ansicht der Saarbrücker Richter, das konkrete Angebot prüfen und gegebenenfalls sperren müssen.

Die Frage, ob auch einem Registrar das Haftungsprivileg der DENIC eG zugute kommen könne, ließ das Gericht offen. Zwar habe der BGH in seinen Entscheidungen ambiente.de (Az. I ZR 251/99 vom 17.05.2001) und kurt-biedenkopf.de (Az. I ZR 82/01 vom 19.02.2004) festgestellt, dass die DENIC als Registrierungsstelle grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen hafte und selbst nach einem entsprechenden Hinweis eine Haftung nur dann in Frage komme, wenn die Verletzung offenkundig und ohne weiteres feststellbar sei. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall jedoch gegeben. Es handele sich um eine offensichtliche und ohne weiteres feststellbare Rechtsverletzung, da das streitgegenständliche Album erst kurz zuvor erschienen war und es somit auf der Hand liege, dass eine kostenlose Zurverfügungstellung nur unter Verletzung von Verwertungsrechten habe erfolgen können.

Beurteilung

Ich halte die Entscheidung für fragwürdig, da hier die Haftung des Registrars für rechtsverletzende Inhalte angenommen wurde, die von der in der Entscheidung genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht gedeckt ist.

In den gegen die DENIC eG in Ihrer Funktion als Registrar gerichteten Urteilen in den Sachen ambiente.de und kurt-biedenkopf.de ging es jeweils nur um die Frage, inwieweit diese als Registrar für Rechtsverletzungen haftet, die durch den jeweiligen Domainnamen selbst begründet werden und nicht um die Frage, ob eine Haftung der DENIC eG für Inhalte in Betracht kommt. Auch die BGH-Entscheidung Alone in the Dark (Az. I ZR 18/11 vom 12.06.2012) trägt die Saarbrücker Entscheidung nicht, da es in dieser um die Störerhaftung eines File-Hosting-Dienstes ging und nicht um die Frage der Haftung eines Registrars.

Es scheint aus Seiten des Verletzten nachvollziehbar, dass in Fällen, in denen sich Domaininhaber, Admin-C und Hosting-Provider im Ausland befinden, eine Handhabe gegen den in Deutschland sitzenden Registrar wünschenswert ist. Die Erstreckung der Störerhaftung auf Registrare, die nicht zugleich Hosting-Provider sind, halte ich jedoch für bedenklich. Grundsätzlich kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquatkausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 30.04.2008, Az. I ZR 73/05 – Internet-Versteigerung III; BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens). Die Prüfung des Inhalts der unter den über ihn registrierten Domainnamen stellt das Geschäftsmodell des Registrars als solches in Frage und ist diesem nach meiner Ansicht gerade nicht zuzumuten.

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