Abgemahnt!

Nach über 1 1/2 Jahren des friedlichen Bloggens ist es passiert: Ich habe gestern per Einschreiben meine erste eigene Abmahnung bekommen! Am 8.11. hatte ich den ersten Absatz einer Veröffentlichung aus den Schwerin News auf muepe.de übernommen, nun wurde ich von der Beklagten des Verfahrens abgemahnt.

Die von Ihnen aufgestellte Behauptung, dass es uns verboten sei, die Domain www.deutsches-handwerk.de weiter zu verwenden, ist in dieser Pauschalität nicht zutreffend. Es ist zwar ein eine einstweilige Verfügung diesen Inhalts bestätigendes Urteil gegen uns ergangen. Wie Sie wissen, ist das Verfahren allerdings keineswegs abgeschlossen, da erstens das Verfügungsverfahren nur eine vorläufige Regelung beinhaltet und zweitens das landgerichtliche Urteil von uns nicht als endgültige Regelung anerkannt wurde und im übrigen noch in der Berufung angegriffen werden kann. Mit der von Ihnen aufgestellten Behauptung erwecken Sie beim Leser jedoch den falschen Eindruck, es handele sich um ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren. Das ist irreführend und unlauter im Sinne der §§ 3, 5 UWG.

Ihr Verhalten stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. § 823 BGB sowie eine Kredirgefährdung gem. § 824 BGB dar. Obendrein ist Ihr Verhalten irreführend und unlauter im Sinne der §§ 3, 5 UWG. Uns stehen daher Ihnen gegenüber umfangreiche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zu.

Wir fordern Sie daher auf, [… übliche Forderungen … Frist: ] Dienstag 15.11.2005, 12:00 Uhr […]
Wir weisen bereits jetzt darauf hin, dass Ihre Äußerungen derart geschäftsschädigend und gefährlich für unser Unternehmen sind, dass keinerlei Fristverlängerung in Betracht kommt.

Ich soll mich unter anderem verpflichten

es zu unterlassen, zu behaupten, es sei dem ID Medien Verlag durch ein Gericht verboten worden, die Internetadresse www.deutsches-handwerk.de weiter zu verwenden, solange diese Entscheidung nicht rechtskräftig ist.

Ich habe den Beitrag umgehend dahingehend abgeändert, dass eindeutig daraus hervorgeht, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist, auch wenn dies im Hinblick auf das Urteil des AG München (15.09.2005 – 161 C 17453/04) vielleicht gar nicht zwingend notwendig gewesen wäre.
Damit sollte der Befürchtung der Abmahnenden, durch „meine Behauptung“ erwecke ich beim Leser den falschen Eindruck, es handele sich um ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren, wohl jegliche Grundlage entzogen sein.

Kommentare und weitere Einschätzungen gerne!

27 Kommentare
  1. Thomas Klotz
    Thomas Klotz sagte:

    Der Nachtrag ist meiner Ansicht nach nicht mal notwendig. Da stand "einen Beschluss erwirkt" und nicht etwa "ein rechtskräftiges Urteil". Ich sehe nicht, wo da ein falscher Eindruck erweckt worden sein soll. Der Abmahner ist vielleicht grundsätzlich nicht begeistert von negativer – wenn auch zutreffender – Berichterstattung.

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  2. Christian
    Christian sagte:

    Alexander hat recht. Sowas darf gar nicht erst einreißen!

    Der Wortlaut der Abmahnung ist übrigens eine Frechheit. Geschäftsschädigend und gefährlich ist nicht die freie Berichterstattung, sondern ein derart dreistes Anschreiben!

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  3. ck
    ck sagte:

    Da die Sache von so grundsaetzlicher Bedeutung ist, wuerden hier in den USA Anwaelte und Organisationen bereits vor Ihrer Tuere stehen, um Sie "pro bono" zu vertreten.

    Ich hoffe, dass Sie in Deutschland gleichermassen unterstuetzt werden. Wenn das nicht der Fall ist/sein darf, waere es wuenschenswert, wenn Sie von Kollegen mit Gutachten zu den verschiedenen Einzelfragen unterstuetzt wuerden.

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  4. Udo Vetter
    Udo Vetter sagte:

    Der Bericht erweckt den behaupteten Eindruck gar nicht. Ein Änderungsbedarf würde, wennn überhaupt, erst entstehen, wenn der Beschluss aufgehoben worden ist und die liebenswerte Firma darüber informiert.

    Ich würde es locker sehen und nichts unterschreiben.

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  5. RA Dominik Boecker
    RA Dominik Boecker sagte:

    Hmm. Irgendwie immer dieselben Kandidaten in der Blogszene unterwegs… 😉

    Ich sehe die Anmerkungen der (bislang) hier veretenen Kollegen als zutreffend an.

    Viel Erfolg

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  6. Marcel vom Parteibuch
    Marcel vom Parteibuch sagte:

    Ich würde mal darüber nachdenken, eine Schutzschrift zumindest beim erwarteten Gericht einzureichen, damit die Gefahr nicht so groß ist, eine einstweilen kostenpflichtige einstweilige Verfügung ohne Anhörung zu kassieren.

    Die Schutzschrift kann selbst geschrieben werden. Vorlagen gibt es im Internet.

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  7. Peter Sonnenborn
    Peter Sonnenborn sagte:

    Eines würde mich noch interessieren: Ist die Abmahnung von einem Anwalt oder dem Verlag selber geschrieben? Und lag eine Kostennote bei?

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  8. Rudi
    Rudi sagte:

    Ich hab die Sache nur überflogen, aber liegt hier überhaupt ein Wettbewerber-Verhältnis vor ??
    Prima Facie scheinen die UWG Angriffe doch etwas weit hergeholt…
    Oder lieg ich da falsch ??

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  9. marcc
    marcc sagte:

    Einen möglichen Schaden, der der Firma durch Deinen Eintrag entstanden sein soll, müssen die vermutlich erstmal beweisen.

    Soweit ich weiß, haftet man aber immer für seine Beiträge. D.h. genaugenommen müsste man alles gegenrecherchieren was man zitiert. Auch renommierte Zeitungen machen Fehler. Und wie soll man sonst Gerüchte austreten können?

    Wenn die Firma selber abmahnt, hat das, so wie ich es verstanden habe, den Vorteil, dass wenn man alles brav erfüllt, die nicht nachträglich einem Anwaltskosten (weil anwaltliches Eingreifen ja notwendig war) aufdrücken können.

    Ich bin inzwischen feige dazu übergegangen Firmanenamen nicht mehr korrekt (z.B. Ph0t0sh0p) wiederzugeben. Dann ist man zumindest nicht unverhofft mit dem korrekten Suchbegriff bei Google auf Platz 1. Oder man formuliert defensiv (XY soll, könnte scheint…)

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  10. Marcel vom Parteibuch
    Marcel vom Parteibuch sagte:

    Vor allem müßte erstmal bewiesen werden, dass der Schaden rechtswidrig verursacht wurde. Und das wage ich mal stark zu bezweifeln.

    Trotzdem würde ich mir überlegen, vorsichtshalber mal eine Schutzschrift einzureichen.

    Ich habe zu dem Vorfall bei mir im Blog inzwischen auch ein bißchen was geschrieben.

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  11. Tano
    Tano sagte:

    "Es ist zwar ein eine einstweilige Verfügung diesen Inhalts bestätigendes Urteil gegen uns ergangen."…
    "Ihr Verhalten und das der insoweit für Sie tätigen Personen ist grob rechtswidrig unter dem Gesichtspunkt der Verleumdung gem. § 187 StGB …"

    Können die Leute beim ID Medien Verlag nicht erst mal Deutsch lernen, bevor sie irgendwelche Schreiben auf die Menschheit loslassen? Ich fühle mich jedenfalls g r o b verhohnepipelt…

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  12. Jens
    Jens sagte:

    Frechheit!
    Wenn die Schwerin-News ein ähnliches Schreiben bekommen haben, ging sowas wohl an alle, die irgendwie darüber berichtet haben.
    Interessant ist, dass sie Dir vor allem vorwerfen, den Eindruck zu vermitteln, die Entscheidung sei rechtskräftig bzw. endgültig und dann verlangen, dass Du es unterlässt, auch über die vorläufige Entscheidung zu berichten.
    Was die einzelnen Ansprüche angeht, fällt mir auf die Schnelle ein:

    1.) Gegen §§ 3, 5 UWG kannst Du wohl kaum verstoßen.
    § 3 UWG setzt eine Wettbewerbshandlung voraus und die ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG eine Handlung, die zugunsten des eigenen oder eines anderen Unternehmens zur Förderung des Warenabsatzes oder der Erbringung von Dienstleistungen vorgenommen wird.
    Bin zwar UWG-Amateur, aber Deinen Blog würde ich jetzt nicht als Unternehmen ansehen, dass Du durch den Bericht fördern wolltest. Du bloggst privat ohne wirtschaftliche Zielsetzung, soweit ich weiß. Und auch nicht zugunsten irgendwelcher anderen Unternehmen.

    2.)Ob Du mit dem Beitrag wirklich ziel- und zweckgerichtet in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifst, halte ich schon für fraglich.
    Jedenfalls müßte aber dann die Rechtswidrigkeit positiv festgestellt werden. Und da hast Du ja wohl jedenfalls Art. 5 Abs. 1 GG (wahre Tatsachenbehauptung) auf Deiner Seite. Jedenfalls jetzt, wo Du deutlich auf die Vorläufigkeit der Entscheidung hinweist.

    3.) § 824 BGB setzt auch voraus, dass Deine Behauptung wahrheitswidrig ist. Das ist sie jetzt definitiv nicht mehr.

    Sollte die Sache noch unerfreulich weitergehen biete ich Dir jedenfalls meine Hilfe in Sachen Recherche etc. an.
    Ab morgen nachmittag hab ich Zeit. Vorläufig. 😉

    A propos: Wenn ich’s richtig mitbekommen hab, bist Du jetzt Assessor. Glückwunsch!

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  13. I.Speiser
    I.Speiser sagte:

    Über diese Abmahnung kann man nur den Kopf schütteln. Seit wann ist denn korrektes Zitieren unter Quellenangabe verboten? Es war richtig, den Vorgang öffentlich zu machen.
    Ich schließe mich den guten Wünschen der übrigen Kommentatoren in vollem an.

    Antworten
  14. marcc
    marcc sagte:

    @I.Speiser: Das klingt jetzt aber mißverständlich.

    Denn die Aussage eines Hernn A. ("Frau B. ist eine Betrügerin.")mit Quelle zu zitieren mag zwar korrekt wiedergegeben sein, muss aber noch lange nicht der Wahrheit entsprechen. Und so wie ich das verstanden habe, haftet dann auch der, der nur abgeschrieben hat. 😉

    Vermutlich ging es um das Zitat eines wahren Sachverhalts.

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  15. RA Michael Seidlitz
    RA Michael Seidlitz sagte:

    Wir stehen hinter Dir.

    Du hast doch nur den Inhalt des Presseberichts der Schwerin News inhaltlich zutreffend wiedergegeben.

    Insofern gilt:

    Eine Privatperson darf auf die Richtigkeit unwidersprochener Presseberichte vertrauen und braucht außerhalb ihres eigenen Erfahrungs- und Kontrollbereichs keine eigenen Recherchen anzustellen (vgl. BVerfG NJW 1992, 1439, 1442; NJW-RR 2000, 1209).

    Antworten
  16. Thomas Schiller
    Thomas Schiller sagte:

    Wo ich noch anmerken möchte, dass die Handwerkskammer Schwerin, von der die Pressemeldung ursprünglich kam, sicher als seriöse Quelle zu bezeichnen ist. Diese ist übrigens auch abgemahnt worden und berät nun mit dem ZDH das weitere Vorgehen.

    Antworten
  17. Peter
    Peter sagte:

    Hallo Herr Schiller,
    wissen Sie schon, wie Sie auf die Abmahnung reagieren werden und haben Sie schon weitere Informationen hinsichtlich des Vorgehens der HK Schwerin?

    @all: vielen Dank für die Unterstützung und die sachliche Diskussion des Themas! Ich werde Sie/Euch über den weiteren Fortgang auf dem Laufenden halten!

    Antworten
  18. Thomas Schiller
    Thomas Schiller sagte:

    Erstmal werde ich abwarten. Die Handwerkskammer will mich informieren, wenn dort über das weitere Vorgehen entschieden wurde. Da die Abmahnung eher als Einschüchterung dienen sollte und scheinbar nicht ernst gemeint war, sonst wäre die Abmahnung sicherlich von einem Anwalt gekommen, denke und hoffe ich, dass die Sache im Sande verlaufen wird. Sollten sich dennoch Probleme ergeben, werde ich meinen Anwalt bemühen müssen.

    Antworten
  19. RA J. A. Strunk
    RA J. A. Strunk sagte:

    ein fall für ein goethe-zitat:
    "getret’ner quark wird breit, nicht stark!"

    hoffentlich hat die gegenseite genug finanzielle rücklagen, um die kosten auch tragen zu können, die im falle einer gerichtlichen auseinandersetzung (und ihres wohl unweigerlichen unterliegens!) dann auf sie zukommen…

    bedauerlich, daß man sich mit solchem (nicht nur in juristischer hinsicht) unfug wertvolle lebenszeit rauben lassen muß!

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  20. Das Versicherungs Blog
    Das Versicherungs Blog sagte:

    Hallo,

    das ist wieder ein Fall, bei dem ich mir ans Haupt greifen muss. Anscheinend verkommt das UWG immer mehr zu einem "Marketing Instrument".

    Ein Freund sagte zu mir nach der Verfügungsverhandlung ein sehr klugen Satz: Es gibt zwei Orte an denen man sich Gott sehr nahe fühlen kann: Auf hoher See und wegen eines Wettbewerbsverstoss vor Gericht. In meinem Fall mahnte ein Tochterunternehmen der Burda-Gruppe Google-Adwords-Werbende wegen angeblicher Irreführung ab.

    Bleib einfach standhaft und warte den Ausgang der Hauptverhandlung ab. Ich drücke die Daumen.

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  21. Rober Diener
    Rober Diener sagte:

    Wenn es um gerichtliche Entscheidungen geht sollte man Formulierungen wie "verboten" nur behutsam nutzen.

    Untersagt wäre besser und auch treffender.

    Ich – für meine Person – hätte dieses Unterlassungsverlangen nicht unterzeichnet.

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